Am Samstag, 14. Dezember 2024, um 19 Uhr in der KunstFABrik Schweinfurt, Spitalstraße 29:
Henny Herz, mit Hannah Wiese (Bass) und Nicholas Stampf (Drums). Einlass: 18 Uhr. Nur Abendkasse 16 €.
Wie soll man schlafen, wenn die Welt außenrum zerbröselt? Wenn die Tage zu kurz, die To Do-Listen zu lang und die Gedanken im Kopf niemals zu Ende gedacht sind? Henny Herz bricht mit ihrem neuen Album eine Lanze für den Dämmerzustand, denn: WE ALL HEAL AT NIGHT. So hat sie ihre Sammlung von Songs genannt, die alle irgendwie mit dem Schlafen, der Ruhe und der Nacht zu tun haben. Ein intimeres, berührenderes und beruhigenderes Folk-Album werden wir so schnell nicht zu hören bekommen.
Eigentlich sei sie gar nicht der Typ für Konzeptalben. Diese Songs sind einfach aus Henny(s) Herz heraus geflossen. Zu Corona-Zeiten wurde das Songschreiben für sie zum Mittel der Selbstberuhigung. Später half ihr der tschechische Winter, der die Welt unter seiner weißen Decke in den Schlaf sinken ließ. Hier, ganz alleine in einem Häuschen auf dem Land, entstanden Ideen, Fragmente und Lullabies, die als Handyaufnahmen später zu Herzstücken ihrer Songs wurden.
Hennys wundervolle, zarte Stimme und ihre Gitarre sind die Protagonistinnen auf WE ALL HEAL AT NIGHT. Gleichzeitig hört man immer wieder Räume rauschen, Fußböden quietschen, Blätter rascheln und Vögel zwitschern.
Da war es dann schon wieder Sommer in Tschechien, Henny Herz kehrte noch einmal zurück in das Häuschen auf dem Land, um am Album weiterzuarbeiten – diesmal gemeinsam mit dem Multiinstrumentalisten Nicholas Stampf (der auch schon auf Hennys letztem Album TWO COLORS TO COMBINE mitgewirkt hatte).
Mit einem alten Vierspurrekorder wandern die beiden von Zimmer zu Zimmer, auf die Terrasse, in den Garten. Sie improvisiert, er startet irgendwann die Aufnahme – wohl wissend, dass Musik immer eine Abfolge unwiederbringlicher, flüchtiger Augenblicke ist, die es einzufangen gilt. Analog ist besser, zumindest in diesem Fall.
Wo hört eine Idee auf und wo fängt ein Song an? Auf WE ALL HEAL AT NIGHT verschwimmen die Grenzen. Trotzdem ist jeder Ton und jedes Geräusch an seinem Platz, hilft den Songs, ihre Geschichten zu erzählen. Von der Verbundenheit zwischen Mensch und Natur (I WANNA BE A TREE), davon, ein Zuhause in sich selbst zu finden (LONELY UNDER PEOPLE), von der Sehnsucht nach Ruhe (NIGHT NIGHT) oder dem Zauber einer Gutenachtgeschichte (THE READER). Die minimalistischen Bläser (von Rex Gregory aus New Orleans) und Streicher (von Ioana Selaru aus London) machen die warme Decke komplett.
WE ALL HEAL AT NIGHT ist eines dieser Alben, die es sich lohnt, am Stück zu hören. Sonst verpasst man womöglich auch die vier Instrumentals als perfekten Soundtrack zur Hypnagogie – diesem magischen Zustand zwischen Wachsein und Schlafen, wenn die Gedanken zu tanzen beginnen, um sich bald in Träumen aufzulösen.
Wer jetzt noch zu Assoziationen in der Lage ist, denkt beim Hören von WE ALL HEAL AT NIGHT vielleicht an die junge US-Indie-Folk-Szene und Vertreterinnen wie Adrianne Lenker oder Indigo Sparke. Oder an alte Helden wie Nick Drake und die Freak-Folk Pionierin Vashti Bunyan. Auch Henny Herz ist eine dieser Musiker*Innen, die mit ihren sphärischen und filigranen Folk-Songs Bewusstseinsschwellen überschreiten und Türen in ganz neue Soundwelten öffnen.