Vom 21. Februar bis zum 22. Juni 2025 zeigt die Kunsthalle Schweinfurt die Ausstellung „InformELLE Künstlerinnen der 1950er/60er-Jahre“. Hier wird zum ersten Mal die informell-abstrakte Kunst aus weiblicher Perspektive gezeigt, mit rund 85 Positionen von 14 Malerinnen und zwei Bildhauerinnen, darunter Maria Lassnig, Mary Bauermeister, Brigitte Meier-Denninghoff und Judit Reigl.
„Wir dürfen nicht als Frauen oder Männer arbeiten; wir müssen als denkende Wesen, als Menschen arbeiten.“
Wie dieses Zitat der bedeutenden spanischen Avantgardekünstlerin Juana Francés deutlich macht, ist eine Ausstellung, die sich ausschließlich Frauen widmet, selbst im 21. Jahrhundert unverzichtbar. Der Anteil, den Künstlerinnen am Kunstschaffen haben, muss nach wie vor sichtbar gemacht werden. Mehr und mehr bringt die jüngere kunsthistorische Forschung ihre Leistungen zum Vorschein. Dies gilt auch für das Informel als vorherrschende abstrakte Kunstrichtung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Bei den in Schweinfurt gewürdigten Frauen handelt es sich um starke Persönlichkeiten mit eigener künstlerischer Handschrift, die sich gegen die strukturellen Widerstände behaupten konnten. Sie waren zum Teil in Künstlergruppen wie der Junge Westen und ZEN 49 involviert und an bedeutenden zeitgenössischen Gruppen- und Einzelausstellungen beteiligt. Dennoch sind viele von ihnen heute im deutschsprachigen Raum kaum mehr präsent.
Selbst Künstlerinnen mit großem Namen wie Maria Helena Vieira da Silva, die in den drei ersten documenta-Ausstellungen vertreten war, sind in deutschen Museen selten zu finden. In Kassel werden erstmals fünf Hauptwerke gezeigt, die einen repräsentativen Überblick über ihr informelles Schaffen geben, noch bevor ihr 2025 große Ausstellungen in den Guggenheim-Museen in Venedig und Bilbao gewidmet werden. Während Maria Lassnig mit ihren Körperbildern international Furore macht und erst unlängst in einem Biopic zu cinesastischen Ehren kam, bleibt ihr informelles Frühwerk bisher zu wenig beachtet.
Ein weiteres Highlight bilden Arbeiten der ungarischen Malerin Judit Reigl, die erst 2023 durch eine Schenkung an die Neue Nationalgalerie und eine damit verbundene Präsentation in Deutschland nach Jahrzehnten wieder wahrgenommen wurde; auch die Kunsthalle Schweinfurt würdigte die Malerin bereits im Rahmen der Ausstellung über Hans Platschek und sein Kosmos.
Erstmals ist Juana Francés nach den vielbeachteten Ausstellungen arte actual. Zeitgenössische spanische Kunst im Jahr 1960 und Internationale Malerei 1960–61 in Wolframs-Eschenbach wieder mit einer größeren Werkauswahl in einer Ausstellung in Deutschland zu sehen.
Entdeckungen sind frühe informelle Arbeiten von Sarah Schumann, die sich unter anderem als Kuratorin der Ausstellung Künstlerinnen International 1877–1977 für die künstlerische Anerkennung ihrer Kolleginnen einsetzte, ebenso Arbeiten der schweizerischen Porträt- und Landschaftsmalerin Helen Dahm, die erst 1957 im Alter von fast 80 Jahren ein radikal experimentelles Spätwerk in Angriff nahm, ausgelöst durch den sogenannten Sputnikschock.
Unterschiedliche künstlerische Nationalitäten
Präsentiert werden Künstlerinnen aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch Malerinnen aus Frankreich, Spanien, Portugal, Rumänien und Ungarn, die ihre Werke in den 1950er- und 1960er-Jahren in Deutschland zeigen konnten und somit einen wichtigen Anteil an der Kunst des Informel hatten. Anhand von kunstsoziologischen Fragen zu Netzwerken, Ausstellungsbeteiligungen und zur Rezeption wird den Mechanismen des Kunstbetriebs nachgespürt.
Mit Werken von: Mary Bauermeister, Chow Chung-cheng, Helen Dahm, Natalia Dumitresco, Juana Francés, Sigrid Kopfermann, Maria Lassnig, Roswitha Lüder, Brigitte Meier-Denninghoff, Judit Reigl, Marie-Louise von Rogister, Christa von Schnitzler, Sarah Schumann, Soshana, Hedwig Thun, Maria Helena Vieira da Silva.
Die Ausstellung wird begleitet von einem umfangreichen, zweisprachigen Katalog, der im Deutschen Kunstverlag erschienen ist und der durch die großzügige Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglicht wurde.
Das Ausstellungsprojekt ist eine Kooperation von Hessen Kassel Heritage, der Kunsthalle Schweinfurt und dem Emil Schumacher Museum in Hagen, in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle Informelle Kunst ‒ Kunsthistorisches Institut der Universität Bonn.
Vernissage: Donnerstag, 20. Februar 2025, 19 Uhr in der Kunsthalle – der Eintritt ist frei.