Theater Schloss Maßbach & Interview zu „Prima facie“

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„Prima facie” mit der Schauspielerin Anna Schindlbeck © Sebastian Worch

Im Theater Schloss Maßbach – Oktober 2025

Loriots dramatische Werke – Dramen aus allen Bereichen der Gegenwart von Vicco von Bülow: »Liebe im Büro«, »Das Wahlplakat« oder »Die Jodelschule«, jeder kennt die klassischen Szenen von Loriot, sie haben sich in das kollektive Humorgedächtnis geprägt.

Loriots Dialoge stammen aus der Gegenwart ihrer Entstehungszeit: der bundesrepublikanischen Welt der siebziger und achtziger Jahre, als es noch den Fernsehabend und den autofreien Sonntag gab. Dennoch können wir uns auch heute in den Figuren erkennen. Sie versuchen, mit ihren beschränkten Mitteln den modernen Ansprüchen zu genügen und gleichzeitig ihre Würde zu bewahren. Damit erzeugen Frau Hoppenstedt, Prof. Klöbner und alle anderen einmalig komische Eskalationen und Kommunikations-Pleiten. Loriot selbst empfand das keineswegs als unpolitisch; er porträtiere immerhin den Souverän einer Demokratie: den Bürger und die Bürgerin. Ingo Pfeiffer legt in seiner Auswahl und Inszenierung den Schwerpunkt auf eigenständige Figuren, die Szenen verbinden sich zu einem unterhaltsamen Theaterabend.

Diese Produktion ist über die ganze Spielzeit im Repertoire und wird auch 2026/2027 zu sehen sein – mit Marc Marchand und Susanne Pfeiffer,  Regie: Ingo Pfeiffer.

 

Prima facie – Monolog von Suzie Miller. »Prima facie« ist das Stück der Stunde: Der Monolog einer jungen Strafverteidigerin, die sexuelle Gewalt erfährt und vor Gericht verzweifelt um die Wahrheit kämpft.

Tessa hat es geschafft: Aus dem Arbeiterkind wurde eine gefragte Strafverteidigerin. Tessa verteidigt erfolgreich Männer, die wegen sexueller Übergriffe vor Gericht stehen. Die boxt sie raus, denn ein guter Verteidiger erzählt lediglich die beste Version der Geschichte. Bei sexuellen Übergriffen steht meist Aussage gegen Aussage. »Ja, die sexuelle Handlung fand statt, aber war sie auch einvernehmlich?« Tessa muss nicht beweisen, ob das Opfer zugestimmt hat, sondern dass der Täter nicht wusste, dass es kein Einvernehmen gab. Abends nach der offiziellen Arbeit, bei Vodka und Smalltalk, kommen sich ihr Kollege Julian und Tessa näher und schlafen gleich in Julians Büro miteinander. Wird das eine Beziehung? Fast sieht es so aus. Die beiden haben noch einmal Sex, der beiden gefällt. Doch dann passiert etwas, was Tessa nicht für möglich hielt. Julian wendet sexuelle Gewalt an. Und Tessa steht vor der Frage, wie es in ihrem Leben nun weitergehen soll. Sie geht zur Polizei, wird zur Zeugin der Anklage und von nun an erlebt sie die Vorgänge im Gerichtssaal von der anderen Seite … – mit Anna Schindlbeck, Regie: Stella Seefried.

 

„Prima facie“

Ein Interview mit der Schauspielerin Anna Schindlbeck und ihrer Regisseurin Stella Seefried.

Am Theater Schloss Maßbach hat am 26. September 2025 das Stück „Prima facie“ von Suzie Miller Premiere. Es ist der Monolog einer jungen Anwältin, die als erfolgreiche Strafverteidigerin Männer verteidigt, die wegen sexueller Übergriffe vor Gericht stehen.

Dann erfährt sie selbst sexuelle Gewalt und erlebt als Zeugin der Anklage die Vorgänge im Gerichtssaal von der anderen Seite.

Das Stück wird außer in Maßbach auch an Gastspielorten wie dem Theater in Schweinfurt (am 8. und 9. Oktober) zu sehen sein. Im Interview zwischen den intensiven Proben sprechen Schauspielerin Anna Schindlbeck und Regisseurin Stella Seefried über ihre Arbeit.

Das Stück ist ein Monolog. Was ändert sich dadurch an der Probenarbeit?

Anna Schindlbeck: Die Zusammenarbeit bei einem Monologstück ist sehr intensiv. Vor allem bei der Auseinandersetzung mit solch einem Thema. Ausruhen oder mal nicht im Fokus sein gibt es da nicht.

Stella Seefried: Die Proben erfordern meine permanente Aufmerksamkeit auf Anna, die da vorne im Hyperfokus steht.

Im Mittelpunkt des Stückes steht Tessa, die als Anwältin Sexualstraftäter verteidigt und dann selbst sexuelle Gewalt erfährt. Wie nähert man sich dieser Rolle und wie habt ihr euch dem Themenkomplex „sexuelle Gewalt“ genähert?

Stella Seefried: Es ist eine intensive Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten und Bildern. Für mich sind die Proben intensiver und persönlicher. Das mag an der Monologarbeit, aber auch an der Thematik liegen. Auf jeden Fall braucht es viel Mut und Vertrauen, von beiden Seiten.

Anna Schindlbeck: Wir haben uns viel mit Zuständlichkeiten auf der Bühne befasst. Ich glaube, es ist gar nicht möglich, den Zustand, in dem Tessa sich befindet, annähernd naturalistisch darzustellen. Vielleicht ist es der Schritt weiter, der dann auf der Bühne sichtbar werden kann. Was macht der Zustand mit einem? Wie äußert sich dieser Zustand in Haltung oder Verhalten?

Stella Seefried: Die Thematik hat sich mir angenähert. Sie ist für mich momentan allgegenwärtig – ohne dass ich Annäherungsversuche starten musste.

Das Bühnenbild besteht aus einer großen Schräge. Wie spielt es sich darauf? Welche Chancen und Probleme ergeben sich beim Spiel daraus?

Anna Schindlbeck: Mein erster Gedanke: „Wenn ich falle, bin ich tot“.

Stella Seefried: Die schräge Wand ist erstmal ein Hindernis. Aber die Überwindung dessen schafft ungeahnte Spielmöglichkeiten. Das gefällt mir.

Welche Facetten der Figur Tessa sind euch besonders wichtig?

Anna Schindlbeck: Ich versuche Tessa mit einer Offenheit und einer Klarheit zu begegnen. Ihre Not, ihre Ambitionen, ihr ganzes Menschsein zu verstehen, abseits von dem, was ihr in dem Stück passiert.

Was an dem Thema und an dem Stück findet ihr zeigens- und vermittelnswert?

Anna Schindlbeck: Ich finde, das Stück ist schonungslos, hart aber auch unglaublich mutig und das gefällt mir daran sehr. „Nichts bagatellisieren, nichts kaschieren.“ Ich glaube, das Stück schafft einen Raum, in dem ein gesellschaftlich ausgegrenztes Thema wie sexuelle Gewalt diskutiert werden kann.

Welche Anknüpfungspunkte gibt es für das Publikum und wem würdet ihr den Besuch des Stückes besonders ans Herz legen?

Stella Seefried: Ich wünsche mir, dass das Stück die gesellschaftliche Aufmerksamkeit mehr auf die Thematik lenkt. Auch, dass die Inszenierung das Unvorstellbare ein wenig vorstellbarer machen kann. Wer sich darauf einlassen möchte, ist hier auf jeden Fall richtig.

Die Fragen stellten Anne Maar, Christoph Thein, Dorothea Constanze Vöhringer und Sebastian Worch.

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