40 Jahre Frauenhaus in Schweinfurt

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Vorne von links: Gertrud Schätzlein, Pia Memmel und Monika Römer, alle drei Vorstandsfrauen des Vereins Frauen helfen Frauen e.V. (Träger des Frauenhauses). Hinten von links: Sabine Dreibholz, fachliche Leiterin des Frauenhauses und Dagmar Flakus, Geschäftsführerin.

Das Frauenhaus für die Region Main-Rhön in Schweinfurt hat Geburtstag – 40 Jahre Schutz und Unterkunft für von häuslicher Gewalt bedrohte und betroffene Frauen und ihre Kinder.

1979 gründeten 19 engagierte Frauen den Verein Frauen helfen Frauen e.V. um ein autonomes Frauenhaus in Schweinfurt zu eröffnen und die Öffentlichkeit über das Problem der Gewalt gegen Frauen zu informieren, Vorurteile abzubauen und die Situation der betroffenen Frauen und Kinder zu verbessern.

Das Frauenhaus wurde 1980 trotz vieler Widerstände, als eines der ersten Frauenhäuser in Deutschland (das erste Frauenhaus wurde 1976 in Berlin gegründet) in einer 140m² großen Wohnung eröffnet und fast ein Jahr ausschließlich von Ehrenamtlichen geführt. Die Wohnung platzte bald aus allen Nähten. Bis zu sieben Frauen mit ebenso vielen Kindern wohnten zeitweise gleichzeitig dort. Dieser Zustand dauerte fast 14 Jahre.

Die ersten staatlichen Förderrichtlinien (1993) ermöglichten den Umzug in das jetzige Haus mit Platz für 12 Frauen und ihre Kinder. Auch dort müssen leider ebenfalls immer wieder hilfesuchende Frauen aus Platzmangel abgewiesen werden.

Im Schweinfurter Frauenhaus leben jährlich durchschnittlich 50 Frauen und 58 Kinder. Doppelt so viele Frauen und Unterstützungspersonen suchen telefonische und persönliche Beratung in Fällen häuslicher Gewalt. Häusliche Gewalt ist überwiegend Gewalt durch männliche Beziehungspartner.

Gewalt durch (ehemalige) Beziehungspartner ist für die betroffenen Frauen ein erhebliches Sicherheitsrisiko (Polizeiliche Kriminalstatistik der vergangenen Jahre) und hat enorme Auswirkungen auf ihre körperliche Unversehrtheit und weitere Entwicklung.

Jede vierte Frau hat körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartnerinnen oder -partner erlebt.

42 % aller befragten Frauen gaben an, Formen von psychischer Gewalt erlebt zu haben, die von Einschüchterungen oder aggressivem Anschreien über Verleumdungen, Drohungen und Demütigungen bis hin zu Psychoterror reichen.

Kinder sind bei Gewalttaten im häuslichen Bereich fast immer mit betroffen.

Sie hören, sehen die Misshandlungen, geraten in die Misshandlungssituation hinein oder werden selbst angegriffen. (Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ BMFSFJ, 2004)

Nur ein kleiner Prozentsatz der von Gewalt betroffenen Frauen sucht Unterstützung in einer Fachberatungsstelle oder einem Frauenhaus. Gerade für Frauen aus den ländlichen Regionen, für Migrantinnen und Frauen mit Behinderungen sind die Zugangshürden hoch.

Trotz Zuschüssen, zunächst durch die Stadt Schweinfurt und die Landkreise der Region Main-Rhön sowie die staatliche Förderung, war der Trägerverein schon immer auf Spenden angewiesen. Mangelnde finanzielle Absicherung war von Anfang an, unser Begleiter.

In all den Jahren hat sich der Stellenwert für die Bedeutung der Unterstützung gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder jedoch zum Positiven verändert. Auf Bundesebene sind das Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes 2002 und die repräsentative Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ (2004) wichtige Meilensteine; ebenso die Einrichtung des Hilfetelefons Gewalt gegen Frauen (2013), das rund um die Uhr erreichbar ist.

Das bayerische Sozialministerium hat nach 26 Jahren neue staatliche Förderrichtlinien für Frauenhäuser und Fachberatungsstellen vorgestellt. Sie sind 2019 in Kraft getreten. Bisher unberücksichtigte Arbeitsbereiche wie Geschäftsführung, Leitung und Hausorganisation werden nun bezuschusst. Außerdem gibt es eine Erhöhung der Personalstunden im Frauenhaus und für die ambulante Beratung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt.

Sorgen macht uns der damit verbundene deutlich erhöhte Eigenanteil, den wir als Träger des Frauenhauses und der Beratungsstelle nicht alleine stemmen können.

Durch enge Vernetzung und gute Kooperation mit anderen Beratungsstellen, Ämtern und der Polizei ist es möglich, Frauen und ihre Kinder auf dem beschwerlichen Weg aus der Gewalt zu unterstützen und zu begleiten.

Wir danken unseren VernetzungspartnerInnen für die gute Zusammenarbeit, unseren AnsprechpartnerInnen in der Stadt Schweinfurt und den Landkreisen Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld für ihre Unterstützung, den MandatsträgerInnen in Städten, Gemeinden und Landkreisen für ihre Aufgeschlossenheit und allen Frauen und Männern, die uns als Privatpersonen, in Organisationen und als Geschäftsleute kleine und große Geldbeträge gespendet haben, für ihr Vertrauen.

Vor allem danken wir den Frauenhausgründerinnen für ihren Mut und allen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen für ihr unverzichtbares Engagement in der Rufbereitschaft und im Verein.

Allen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, die all die vielen Jahre im Frauenhaus und in der Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen für die Beratung und Begleitung gewaltbetroffener Frauen, Verwaltung und Hausorganisation zuständig waren, danken wir für ihren großen Einsatz.

Allen Mitarbeiterinnen, die zukünftig für den Verein Frauen helfen Frauen e.V. Verantwortung übernehmen und die Geschicke des Frauenhauses und der Beratungsstelle für häusliche und sexuelle Gewalt leiten, wünschen wir Zuversicht.  Den Mitarbeiterinnen, die die Frauen und Kinder, die sich uns anvertraut haben, unterstützen, beraten und begleiten, wünschen wir Freude und Achtsamkeit bei ihren verantwortungsvollen Aufgaben.

Die Vorstandschaft im Frauenhaus Schweinfurt.