Die Kunsthalle Schweinfurt zeigt vom 16. Februar bis 2. Juni 2024 das Werk des Malers Hann Trier und des Bildhauers Norbert Kricke, die zu den wichtigsten Künstlern der frühen Abstraktion gehörten.
Hann Trier (1915 Kaiserswerth/Düsseldorf–1999 Castiglione della Pescaia) und Norbert Kricke (1922–1984 Düsseldorf) verband die große Geste, die sich in der Atmosphäre des neun Meter hohen und schlichten Raums der Kunsthalle perfekt entfalten kann. Dabei scheinen die kurvierten und turmartig aufgebauten Linienbündel aus Stahl des Bildhauers Norbert Kricke die tanzende Bewegung des Pinselrhythmus auf der Leinwand des Malers Hann Trier aufzugreifen – oder umgekehrt. Die Ausstellung schafft so einen kreativen Ort der informellen Formensprache zwischen Linie und Fläche, Farbigkeit und Tonigkeit, Ruhe und Bewegung und scheint über reale Grenzen hinauszuwachsen.
In den 1950er/60er-Jahren waren die beiden prominenten Künstler auf allen wegweisenden Werkschauen vertreten und setzten wichtige Akzente in der europäischen Kunstwahrnehmung der frühen Abstraktion. Krickes Begegnung mit dem Kunstkritiker J. A. Thwaites führt zu einer ersten Ausstellung seiner Raumplastiken in München und auch zum Kontakt mit der Gruppe ZEN 49, deren Wirken seit Jahren besonders im Fokus der Kunsthalle Schweinfurt steht, während Hann Trier mit Georg Meistermann, Joseph Fassbender und Hubert Berke bereits 1947 in Alfter bei Bonn eine Akademie auf dem Lande, die sog. Donnerstag-Gesellschaft, initiierte als kreativen Ort für eine kriegsbedingt ausgezehrte Runde von Politikern, Kunstschaffenden, Literaten, Museumsleuten und Kulturinteressierten.
In der Kunsthalle Schweinfurt sind nun rund 50 Arbeiten auf Papier und Leinwand von Hann Trier aus der Zeit 1948–1999 zu sehen, die von zehn plastischen Werken und einer Auswahl von Zeichnungen von Norbert Kricke aus den Jahren 1952–1984 begleitet werden. Parallel dazu wirft die Kunsthalle einen Blick auf die Maler der Donnerstag-Gesellschaft. Mit der Kulturvilla partizipiert an der Ausstellung ein weiteres Haus in Schweinfurt und zeigt zum Thema »Reisesehnsucht« Druckgrafik von Hann Trier.
Das deutsche Informel stellt mit über 60 Arbeiten in der ständigen Sammlung der Kunsthalle Schweinfurt sowie im Bereich der Wechselausstellungen einen Schwerpunkt des Museums dar. Auch wenn es auf den ersten Blick eher ungewöhnlich scheinen mag, dass sich ein Museum in Franken einer durch die Biografien der Künstler im Rheinland situierten abstrakten Kunstrichtung widmet, lassen sich mit Georg Meistermann und Karl Fred Dahmen durchaus regionale Bezüge finden. Nicht zu vergessen, dass mit der in München gegründeten Künstlergruppe ZEN 49 das Informel zugleich ein süddeutsches Pendant hatte. Zu dieser Gruppe gehörte Conrad Westpfahl, der wiederum in der Nähe von Schweinfurt sein Alterswerk vollbrachte und von dem rund 70 Werke im Besitz der Kunsthalle sind.
In jüngerer Zeit hat sich das Kuratorenteam verstärkt informellen Positionen gewidmet, so etwa mit einer monografischen Schau zu Hubert Berke oder einer Retrospektive zu Hans Platschek und seinen internationalen Zeitgenossen. In den nächsten Jahren stehen explizit Künstlerinnen des Informel (Neue Galerie Kassel, Kunsthalle Schweinfurt, Emil Schumacher Museum, Hagen 2024–2026), Herbert Zangs (2025) sowie Conrad Westpfahl (2026) im Fokus.
In Zusammenarbeit mit: • Kunststiftung Hann Trier, Bonn • Nachlass Norbert Kricke
• Forschungsstelle Informelle Kunst am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn
• Galerie Utermann, Dortmund
Katalog: Es erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Andrea Brandl, Schweinfurt; Anne-Katrin Hinz, Bonn; Bischof em. Friedhelm Hofmann, Würzburg; Christoph Zuschlag, Bonn. Der Katalog ist im Museumsshop der Kunsthalle erhältlich.