Bericht des Frauenhauses für 2022

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Mitarbeiterinnen arbeiten an der Belastungsgrenze

Die Partnerschaftsgewalt ist leider nicht weniger geworden. Ein steigender Bedarf an komplexer, bedarfsgerechter, individueller Unterstützung ist zu verzeichnen. Noch nie zuvor gab es einen so hohen Fachkräftemangel mit der Folge, dass dadurch auch die Arbeit mit den gewaltbetroffenen Frauen angespannt war. Arbeiten an der Belastungsgrenze war Alltag.

Alle Sätze stehen am Anfang des Geschäftsberichts des Frauenhauses für das Jahr 2022 und zeigen den Druck, unter dem die betreuten Frauen und die Mitarbeiterinnen standen. Aber: Das engagierte und hoch motivierte Team meisterte die Lage zuverlässig, gewissenhaft, flexibel und mit großer Sorgfalt.

Die neu aufgerollte Finanzierungsvereinbarung mit den kommunalen Geldgebern konnte zu einem vorläufigen Abschluss gebracht und letztlich unterzeichnet werden. Viel Kraft hat laut Geschäftsbericht die „unendliche Geschichte Coronavirus“ mit ihren zum Teil kontraproduktiven Begleiterscheinungen gekostet. Gleichzeitig war dringlichste Aufgabe, gewaltbelasteten Frauen und Kindern beizustehen, ihnen Sicherheit und Schutz zu geben.

„Wir sind – zum Glück! – ein in jeder Hinsicht heterogenes Team mit Meinungspluralität”, heißt es im Bericht als erfreuliches Fazit. Weiteres Hauptproblem war eine lange Personalvakanz von fast 60 Stunden (1 1⁄2 Vollzeitstellen) im Frauenbereich, die das Team solidarisch gemeistert hat.

Mit 28 Frauen – davon 7 schon aus dem Vorjahr – und 44 Kindern – 10 aus 2021 – (2021: 43/51) lebten in diesem Jahr deutlich weniger Frauen im Frauenhaus. Da eine fünf- und sogar eine sechsköpfige Familie aufgenommen wurde, die jeweils eine Wohnung komplett belegten, ist die Gesamtauslastung in diesem Jahr niedriger.

Auch 2022 meldeten sich wieder einige obdachlose Frauen. Da diese Zielgruppe intensivere und sehr niedrigschwellige Unterstützung benötigt, konnten sie nicht aufgenommen werden. Sichere Übernachtungsmöglichkeiten für Frauen in akuten Krisensituationen sind in Schweinfurt dringend erforderlich.

Viele Frauen, die die Hilfe suchten, leben in sich verschärfenden sozialen Multiproblemlagen: Diverse Schulden, keine Übersicht über Personalpapiere und höchst persönliche Angelegenheiten, fremd im eigenen Leben, mit einer hohen Erwartungshaltung an die „Sozialprofis”, die das alles – möglichst schnell, sauber und geräuschlos – regeln. Dazu addieren sich Erziehungsschwierigkeiten, fehlender Krankenversicherungsschutz, ungesicherter Aufenthalt, etc…

Der Anstieg digitaler Gewalt und Verfolgung bis ins Frauenhaus hinein fordert zunehmend heraus und verlangt nach neuen einschränkenden Sicherheitsmaßnahmen. Gerade im Vorfeld einer Aufnahme herrscht ein großer Aufklärungsbedarf, damit die gewaltbetroffene Familie wirklich in einer sicheren Bleibe zur Ruhe kommen kann.

In diesem Jahr kamen nur gut die Hälfte der Bewohnerinnen aus dem Einzugsgebiet Main-Rhön (2021 knapp dreiviertel). Die durchschnittliche Auslastung sank auf knapp 70% (2021:73,65 %), wobei die Kinderplätze deutlich stärker in Anspruch genommen wurden als die zur Verfügung stehenden Frauenplätze. Während der Präsenzzeit führten die Mitarbeiterinnen 167 telefonische Beratungsgespräche (2021:226) und 15 (2021:17) durch Rufbereitschaft.

Die Aufenthaltsdauer im Jahresdurchschnitt verlängerte sich signifikant auf 88 Tage (2021: 66 Tage).

Die Kolleginnen des Mädchen-Jungen-Bereiches haben wieder viele Initiativen gestartet und kreative Aktionen durchgeführt. Wieder stand ein Mehrtagesausflug – dieses Mal mit Müttern und Kindern – auf dem Programm und gab wertvolle Impulse für die weiterführende pädagogische Arbeit.

Der komplette Jahresbericht des Frauenhauses für das Jahr 2022 ist hier online nachzulesen.