50 Jahre BA-BI – Kulturfest, und die ganze Geschichte …

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Foto: groschenheft

Am Sonntag, 24. Juli feiert die BA-BI mit Freundinnen, Freunden und Bündnispartnern ein großes Kultur- und Anti-Atom-Fest in Bergrheinfeld am Festplatz „Wad“. Den Auftakt machen die Pfarrer Franz Feineis und Heiko Kuschel um 11 Uhr mit einer ökumenischen Andacht. Interessante Grußworte und ein Weißwurstfrühstück eröffnen danach das Fest.

Von 13 bis 22 Uhr gibt es ein abwechslungsreiches Musikprogramm, Anti-Atom-Talkrunden auf der Open Air Bühne und ein Kinderprogramm auf dem Spielplatz unter den großen, alten Bäumen.

Zum Start spielt die Sennfelder Combo, am Nachmittag die Railwaystation Big Band vom Musikbahnhof Gädheim, am frühen Abend die DGB-Songgruppe und zum Abschluss Christoph Weiherer, der bekannte bayerische Polit Liedermacher.

Für gute Verpflegung – regional und ökologisch – ist gesorgt: es gibt Bierspezialitäten und Limonaden der Brauerei Martin aus Hausen, fränkischen Ökowein, syrische Falafel, selbstgebackene Kuchen und vieles mehr. Das Fest ist wunderbar mit dem Fahrrad und dem Stadtbus erreichbar, es sind ausreichend Fahrradparkplätze vorhanden.

Stände von Umweltverbänden informieren, so der Bund Naturschutz, die Bürgeraktion Müll und Umwelt, der VCD und die SoLaWi, regionale Firmen stellen aus zu Solar- und Umwelttechnik.

2022 blickt die Bürgeraktion Umwelt und Lebensschutz – Bürgerinitiative gegen Atomanlagen, eben BA-BI, auf eine 50-jährige Geschichte im Widerstand gegen Atomenergie und Kampf für erneuerbare Energien und eine Energiewende zurück.

Der Grund: Im August 1969 stimmte der Gemeinderat von Grafenrheinfeld dem Bau des AKW in Grafenrheinfeld durch die Bayernwerk AG zu. Die  Gemeinde verkaufte 9,7 ha eigenes Gelände, 35 ha kamen aus Privatbesitz dazu. 1972 war dann die Geburtsstunde des Widerstandes: Es fomieren sich erste Protestgruppen, im Juli 1972 wird die Bürgeraktion Lebens- und Umweltschutz gegründet. Erster Vorsitzender ist Karl Riederer (FDP-Stadtrat). 800 Atomkraftgegner treffen sich in der Stadthalle Schweinfurt. Erste Protestaktion ist die Sammlung von über 35.000 Unterschriften gegen den AKW Bau.

Die Stadt Schweinfurt und einige Nachbargemeinden lehnen im Raumordnungsverfahren das AKW ab; der Kreistag stimmt aber dafür. 1973 stellt die Bayernwerk AG den offiziellen Bauantrag, am 21. Juni 1974 wird die atomrechtliche Genehmigung erteilt. Die Stadt Schweinfurt klagt dagegen und die Bauarbeiten müssen vorübergehend eingestellt werden. Und die BA-Bi organisiert die erste Großdemo mit 2.000 Teilnehmern. Im Jahr darauf demonstrieren 10.000 Menschen in Schweinfurt gegen das AKW an der Stadtgrenze.

Die Klagen der Stadt, der Gemeinde Bergrheinfeld und dreier Privatpersonen werden 1977 vor dem Veraltungsgericht Würzburg abgelehnt. Äußerlich ist der AKW Bau fertig, der 160 Meter hohe Abluftkamin entsteht, die radioaktiven Emissionen können somit weiträumig verteilt und schlechter nachgewiesen werden.

1981 sammelt die BA-BI noch einmal 15.000 Unterschriften gegen die Inbetriebnahme – leider erfolglos. Am 10. November 1982 erteilt das bayerische Umweltministerium die Betriebserlaubnis und am 9. Dezember1982 wird die erste radioaktive Kettenreaktion in Gang gesetzt, am 30. 12.1982 wird der erste Atomstrom produziert.

Frustriert verstummt der Widerstand bis zum Super-GAU am 26. April 1986 im sowjetischen AKW Tschernobyl in der Ukraine. Der Widerstand lebt wieder auf – es gibt viele Protestaktionen gegen die geplante WAA im oberpfälzischen Wackersdorf, die verhindert werden konnte. In den 1990er Jahren unterstützt die BA-BI eine Klage gegen den Einsatz von Plutonium-haltigen Brennstäben. In der deutschen Anti-Atom Bewegung konzentrieren sich die Proteste auf die quer durchs Land strahlend-rollenden Atommülltransporte nach Gorleben. 2001 können in einem breiten Bündnis 44.500 Einwendungen gegen den Bau des Brennelementebehälterlagers auf dem AKW Gelände organisiert werden. 2002 beschließt die damalige rot-grüne Bundesregierung im sogenannten „Atomkonsens“ Regellaufzeiten von 32 Jahren und Reststrommengen für die AKWs – das AKW Grafenrheinfeld müsste entsprechend 2014 vom Netz gehen.

2003 beginnt der Bau des Atommülllagers in Grafenrheinfewld. Und es gibt Klagen dagegen. 2006 wird das Atommülllager mit 88 Castor-Stellplätzen in Betrieb genommen.  Bis 2006 wurden Castorbehälter auf der Straße nach Gochsheim transportiert und dort auf die Schiene in Richtung WAA La Hague in Frankreich verladen. Die BIG Gochsheim organisiert den Widerstand vor Ort dagegen.

2010 wird ein Riss im Primärkreislauf bekannt, den Eon verharmlost. In Schweinfurt wird das Schweinfurter Aktionsbündniss gegen Atomkraft SWAB gegründet, um den Widerstand am Laufen zu halten und auf breite Beine zu stellen.

Aber: Am 28. Oktober 2010 beschließt die zu diesem Zeitpunkt schwarz-gelbe Bundesregierung eine Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen AKWs. Der rot-grüne  „Atomausstieg“ wird damit rückgängig gemacht. Am 11. März 2011 kommt es dann aber zu einem Super-GAU im japanischen Fukushima. Das SWAB organisiert seitdem wöchentlich, später monatliche Mahnwachen. Zu einer Großdemo auf den Mainwiesen kommen 15.000 Menschen.

Dann endlich: Nach fast 34 Betriebsjahren, vielen Störfällen, vielen Tonnen Atommüll und vielen Millionen Becquerel radioaktiver Emissionen wird das AKW im Juni 2015 vom Netz genommen. Der Rückbau und die „Entsorgung“ wird uns in der Region aber noch lange beschäftigen.

Denn: Viele Probleme der Atomindustrie sind weiterhin ungelöst: Es gibt keine sicheren Atommülllager, es laufen immer noch Atomreaktoren in Deutschland. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und FDP Bundesfinanzminister Christian Lindner wollen trotz der Vereinarbung, die letzten drei Meiler Ende 2022 vom Netz zu nehmen, einen Weiterbetrieb auf die politische Agenda setzen.

Die Klimakrise und der Krieg in der Ukraine hat den Menschen erneut deutlich gemacht, dass wir dringend eine echte Energiewende, eine Energieunabhängigkeit brauchen und dies nur mit 100 % Erneuerbaren Energien gelingen kann. Das Fest „50 Jahre BA-BI“ soll insofern ein politisches Signal für diese Ziele sein und auch ein Dankeschön an die vielen, vielen Menschen, die sich über diese lange Zeitspanne engagieren, Widerstand leisten und die Hoffnung nicht aufgegeben haben.

Wer sich am Fest beteiligen oder helfen will, ist herzlich willkommen und kann sich melden: BA-BI Hotline 0162-4382023; Email: BA-BI.sw@web.de: csaktion@web.de;

Homepage: www.BABI-schweinfurt.de