„Die Vermessung der Demokratie”

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Ein Portrait des mutigen Gewerkschafters Wilhelm Leuschner, den die Nationalsozialisten am 29. September 1944 in Berlin Plötzensee hingerichtet haben, wird in einer spannenden Inszenierung in der Disharmonie präsentiert. Anlass für „Die Vermessung der Demokratie“ am Montag, 16. Januar 2023, um 19.30 Uhr ist der 90. Jahrestag der Machtübergabe an Adolf Hitler.

Der 30. Januar 1933 markiert mit der Machtübergabe von Reichspräsident Paul von Hindenburg an Hitler das Ende der Weimarer Republik und den Übergang zur brutalen Diktatur.
Bereits in den ersten Monaten schaltete das Regime alle Gegner der neuen Ordnung aus. Allein in Schweinfurt sind mehr als 50 Personen der Arbeiterbewegung bekannt, die in Konzentrationslagern inhaftiert, und mindestens 13, die dort ermordet wurden.
Fritz Soldmann, Schuhmacher, Gewerkschafter, Reichstagsabgeordneter und Sozialdemokrat ist der Bekannteste. Zuletzt verhaftet in der Folge des Attentats vom 20. Juli 1944, verstarb Soldmann kurz nach der Befreiung im Mai 1945 an den Folgen fortgesetzter Drangsalierungen.

Wilhelm Leuschner (1890-1944) ist in Bayreuth geboren. Er war Holzbildhauer, von 1928 bis 1933 Innenminister in Hessen, bis 1933 Mitglied des ADGB- Bundesvorstandes. 1933/34 war er in den Konzentrationslagern Bürgermoor und Lichtenberg inhaftiert. Er begann bereits 1939 Kontakte zum Widerstand in konservativen Kreisen aufzubauen. Vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wurde er in Plötzensee hingerichtet.

Wer war dieser Mann, der das zivile Netzwerk um das Attentat des 20. Juli herum aufbaute? Im Schatten der militärischen Verschwörung um Stauffenberg war deutschlandweit eine gewerkschaftsnahe Untergrundbewegung aktiv, ohne die der Umsturz nicht hätte begonnen werden können. Wilhelm Leuschner war Kopf der Untergrundgewerkschaft während der NS-Diktatur. Für den Fall eines geglückten Attentats war er als Vizekanzler vorgesehen. In Schweinfurt ist eine Straße nach ihm benannt.

In die Veranstaltung in der Disharmonie führt DGB-Kreisvorsitzender Martin Schmidl ein. Die drei Künstler*innen Jan Uplegger (Schauspiel), Yumiko Tsubaki (Violine) und Maria Hinze (Flügel) präsentieren in spannender szenischer Inszenierung das engagierte Leben eines mutigen Gewerkschafters, der zur Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus zu einer der lautstärksten Verteidiger der deutschen Demokratie zählte. Ein Mosaik aus größtenteils noch unveröffentlichten Originaldokumenten, verbunden mit Kompositionen für Violine und Klavier fügt sich zum Bild einer beeindruckenden Persönlichkeit.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Disharmonie mit dem DGB Kreis Schweinfurt, der Oskar-Soldmann-Stiftung, der Initiative gegen das Vergessen, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der IG-Metall und der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmer in der SPD. Gefördert durch die Kulturstiftung der Stadt Schweinfurt. Eintritt frei, Anmeldung bitte in der Kulturwerkstatt Disharmonie, Tel. 09721/28895.