„Nie wieder ist jetzt!”

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Die Schweinfurter Initiative gegen das Vergessen war
beim Projekt „Rückkehr der Namen“ in München dabei.

Mit dem Projekt „Die Rückkehr der Namen“ ist am 11. April 2024 in der Landeshauptstadt an 1.000 Münchnerinnen und Münchner und Menschen mit einem München-Bezug erinnert worden, die während des NS-Regimes verfolgt und ermordet wurden. Darunter Siegbert Gerhard Schuster aus der Rhön. Er stammt aus einer jüdischen Familie, wurde 1942 im Alter von erst 16 Jahren deportiert und wie auch etliche Schweinfurter Juden im Raum Lublin im von den Nazis besetzten Polen ermordet. Die Patenschaft hatte Hannes Helferich namens der Schweinfurter Initiative gegen das Vergessen übernommen.

Mit dem Projekt wurde auch Opfern gedacht, die wie der am 18. Juni 1925 in Nordheim/Rhön geborene Gerhard Schuster nur eine Zeitlang in München lebten. Er wohnte von 1939 bis 1941 für eine Schlosserlehre in der Landeshauptstadt.

Der Bayerische Rundfunk und die Stadt München als Projektverantwortliche standen bei der Suche nach Paten auch in Kontakt zum Würzburger Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, das wiederum bei der Schweinfurter Initiative erfolgreich nachgefragt hat.

„Für die Nazis waren Sinti, Homosexuelle, Gewerkschafter und vor allem die Juden lediglich Nummern. Mit dem Projekt wurde den Opfern ihr Name und damit ihre Würde zurückgegeben. Gerhard Schuster hat nie einem Menschen etwas angetan. Er musste sterben, weil er jüdisch war“, so die Beweggründe Helferichs an der Aktion teilzunehmen.

„Ein weiterer Grund ist die aktuelle Situation in unserem Land. Es wird schon wieder über Deportationen gesprochen, Jüdinnen und Juden werden beleidigt und angegriffen, Behinderte diskriminiert. Es ist unverständlich, dass so viele Menschen auf die AfD setzen, eine Partei, die rechtsextrem ist, die unsere Gesellschaft spalten will, die Hass und Falsches verbreitet und sich in Zeiten zurückwünscht, die wir Demokraten uns geschworen haben, dass sie sich niemals mehr wiederholen dürfen.“

Am Aktionstag stand jede Patin, jeder Pate zwei Stunden lang mit einer Gedenktafel am letzten Wohnort des/der Ermordeten und gab Passanten Auskunft, bevor sich alle insgesamt 1077 Patinnen und Paten und rund 2000 weitere Menschen auf dem Königsplatz zum gemeinsamen Marsch zum Odeonsplatz eingefunden hatten. „Mein Credo ist ohnehin: Ohne Erinnern gibt es keine Zukunft“, so Helferich.

Auch einige Holocaust-Überlebende wie Charlotte Knobloch, Eva Umlauf und Ernst Grube, der schon in Schweinfurt im Bayernkolleg und in der Disharmonie zu Gast war, beteiligten sich an der Aktion. Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, mahnte mit starken Worten: „Der Zivilisationsbruch des Holocaust kam nicht zustande, weil die Nationalsozialisten plötzlich die Mehrheit in Deutschland stellten, sondern weil die Mehrheit in Deutschland die Nationalsozialisten gewähren ließ, aus Feigheit, aus Desinteresse oder aus Opportunismus. Die Schuld traf damals alle.“ Besser kann man nicht vor der aktuellen Gefährdung unter anderem durch die AfD warnen. Deshalb: „Nie wieder ist jetzt.“

Auf dieser Liste ist Siegbert Schuster aufgeführt. „Allein schon beim Anblick der akribisch getippten Deportationsliste läuft es mir eiskalt den Buckel runter …”, so ein Mitarbeiter des Groschenhefts.